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Dezember 2008: FF - quo vadis ? |
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In den letzten Tagen konnte man auf einigen Feuerwehrforen erfahren, dass der Rechnungshof das OÖ. Feuerwehrwesen analysiert hat. Dabei ist man zu dem Schluss gekommen, dass es zu viel Ausrüstung und scheinbar auch zu viele Freiwillige Feuer-wehren gibt. Die Aufregung in unserem Nachbarbundesland ist groß und durchaus verständlich ! Bei Fireworld.at hat mittlerweile sogar der Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer eine Stellungnahme über die derzeit geführte öffentliche Diskussion um die Freiwilligen Feuerwehren abgegeben. „Österreich hat das beste und erfolg-reichste Feuerwehrsystem der Welt“, so Mödlhammer. Wie sollte man denn auch die Großschadenslagen der letzten Jahre beherrschen ( Hochwasser, Sturm, Schnee,... ) wenn nicht ein Heer von ehrenamtlichen ( = freiwilligen und unbezahlten ) Mitgliedern der Freiwilligen Feuewehren zur Verfügung steht ? Dass diese Helfer bestens ausgebildet und koordiniert in den Einsatz gehen, wird gerne als Tatsache zur Kenntnis genommen. Zu einem Einsatzerfolg führen aber oft nur hartes Training, Schulungen und Ausbildung und das schon lange vor dem jeweiligen Einsatz ! Ganz anders ist die Lage derzeit in NÖ. Bei einem Wohnhausbrand im Kurort Semmering ist das eingetreten, was wir alle zu verhindern versuchen. Eine Hausbewohnerin stürzte bei der Flucht vor den Flammen vom Dach und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Ihr Sohn erlitt beim Absturz schwerste Verletzungen. In einigen Tageszeitungen vom 12. Dezember werden jetzt Vorwürfe gegen die Freiwillige Feuerwehr erhoben. Sogar von einer Anzeige wegen Totschlags gegen die Feuerwehr wird berichtet. Warum gab es keine Drehleiter oder Sprungtuch, so die Frage ? Die vor Ort eingesetzten KameradInnen haben sicherlich ihr Bestes gegeben um die Zeit bis zum Eintreffen der Drehleiter aus Gloggnitz ( Anfahrtsweg rund 20 Kilometer ) zu überbrücken. Ein Innenangriff mußte wegen der hohen Brandintensität abgebrochen werden. Es ist für Helfer eine ganz schlimme Situation, nicht helfen zu können, weil die Spezialausrüstung nicht oder noch nicht vorhanden ist. Zu einem erfolgreichen Drehleitereinsatz gehören aber auch entsprechende Anfahrtswege, Aufstellflächen - die oft verparkt werden, weils eh nie brennt - und eine ausreichende Löschwasserversorgung. Viele Gebäude machen die Menschenrettung alleine schon von der Bauhöhe und der Bauart schwierig bis undurchführbar. Eine Brandfrüherkennung mittels Rauchmeldern und automatischer Alarmweiterleitung zur Feuerwehr kann helfen, wertvolle Zeit für die zu rettenden Personen zu gewinnen - kostet aber Geld und wird deshalb oftmals nicht umgesetzt. Viele Sondergeräte sind bei Stützpunktfeuerwehren stationiert ( Drehleiter, Sprung-kissen, etc. ) und haben deshalb aber auch eine entsprechende lange Anfahrtszeit ! Wir versuchen in Gmünd, auf möglichst viele Szenarien vorbereitet und gerüstet zu sein. Die Brandeinsätze machen ja nur mehr einen Bruchteil der Gesamteinsätze aus. Die technischen Hilfeleistungen bei Naturkatastrophen und Unfällen haben auch gezeigt, daß dafür die erforderlichen Geräte bereitzuhalten sind. Und so wird die entsprechende Ausrüstung bereit gehalten - angekauft durch Spenden der Bevölkerung und der Betriebe und mit der Unterstützung der Stadtgemeinde. Und umgerüstet durch die Eigenleistung unserer KameradInnen ! Teleskopmastbühne, Kranfahrzeug, Wechsel-aufbaufahrzeug, Wärmebildkamera und Atemluftfahrzeug sind Beispiele für die von der Feuerwehr Gmünd angeschaffte Ausrüstung. Trotzdem ist allen Beteiligten klar, dass es immer wieder zu Einsätzen kommen kann, wo die Grenze des Machbaren mit der vor-handenen Ausrüstung erreicht ist. Und es ist sehr oft der Mut, die Fantasie und das Engagement der Freiwilligen, die das Unmögliche trotzdem möglich machen. Der Brandeinsatz in Semmering stimmt nachdenklich. KameradInnen der dortigen Feuerwehren haben versucht zu helfen. Beim Innenangriff auch unter Einsatz ihrer Gesundheit und des Lebens. Unser Mitgefühl gehört den Familienangehörigen, aber auch den KameradInnen, die zu diesem Einsatz ausgerückt sind. Eine Anzeige wegen Totschlags gegen die Feuerwehr stimmt aber noch nachdenklicher ! Denn bei allen Forderungen nach Sondergeräten muss auch gleich geklärt werden, wer für die an-fallenden Kosten aufkommen soll. Eine Drehleiter vom Erlös eines Feuerwehrfestes zu finanzieren ist ganz einfach unmöglich - nicht einmal für die Instandhaltung des Fahrzeuges würde es reichen ! Und wenn ein derartiges Gerät vorhanden ist, findet sich sehr schnell jemand, der dann wieder Kritik äußert über den Umfang der vorhandenen Ausrüstung ! Jede noch so "kleine" Feuerwehr, in welchem Bundesland auch immer, wird gebraucht, die Naturkatastrophen der letzten Jahre haben es gezeigt. Geräte für den Erstangriff, ein kurzer Anfahrtsweg und die Ortskenntnisse ermöglichen es, der Bevölkerung die benötigte Hilfeleistung zu geben um ggf mit umliegenden Feuerwehren gemeinsam das Schlimmste abzuwenden. Aber vielleicht sollten einmal die Kritiker des Feuerwehrwesens mitten in der Nacht aus dem warmen Bett springen und einen nach Hilfe rufenden Fahrzeuglenker unter Zeit-druck aus dem Auto schneiden, einen Wohnungsbrand löschen oder Sandsäcke schleppen, umgestürzte Bäume von der Straße räumen oder Fahrzeuge warten, eine Haussammlung machen, etc, etc,..... 13. Dezember 2008, Nachtrag: Die Debatte in Tageszeitungen hält an, sogar ein Video - mit Interview - über diesen Einsatz ist bereits veröffentlicht ! Dazu ein paar Anmerkungen: Zeit vom Absetzen des Notrufes bis zum Eintreffen der Feuerwehr: 17 Minuten ! In dieser Zeit sind inkludiert: die Entgegennahme des Notrufes und Einbringen der Daten in den Einsatzleitrechner, Alarmdurchsage verfassen, Übertragung auf die Pager und Sirenensteuerungen der einzelnen Feuerwehren, Auslösung der Pager, Anfahrt zu den jeweiligen Feuerwehrhäusern nach der geltenden Straßenverkehrsordnung, Aufnehmen der pers. Schutzbekleidung, Einteilung und Besetzung der Einsatzfahrzeuge, Anfahrt zum mehrere Kilometer entfernten Einsatzort.... Sprungretter: ein tragbares Gerät, mit Pressluft zu befüllen, hat aber von der Sprung-höhe auch seine Grenzen. Einfache Regel: je höher und größer der Sprungretter, desto größer die erlaubte Sprunghöhe. Den Sprungretter muss aber derjenige, der springen muss, auch sehen können um nicht daneben zu springen. Bei einem Sprung aus dem Fenster ist das vergleichsweise einfacher wie über einen Dachvorsprung zu blicken und dann gezielt zu springen. Ein richtig großer Sprungretter ist auf der Homepage eines österr. Feuerwehrausstatters mit 18.000 ( ! ) Euro angeführt. Kleinere SR sind billiger, dafür reduziert sich natürlich die Sprunghöhe... Sprungtuch: von der Technik her veraltert, es werden zum Spannen des Tuches mehr Einsatzkräfte benötigt, als in der Erstphase eines Einsatzes zur Verfügung stehen. Außerdem hat es bei der Verwendung von Sprungtüchern Verletzungen - sowohl bei den zu rettenden Personen als auch bei den Einsatzkräften - gegeben ! Drehleiter oder Gelenkmast: Abgesehen davon, dass das Aufstellen in der richtigen Position einige Minuten dauern kann, braucht das Fahrzeug zunächst eine Anfahrts-möglichkeit ( keine zu engen Durchfahrtsmöglichkeiten bei Wohnhausanlagen, das wird bei Neubauten berücksichtigt, aber was ist mit bestehenden Objekten ? ) und eine genormte Aufstellfläche. Parkflächen oder Grünstreifen vor den Objekten sind vielleicht zweckmäßig oder dienen der optischen Gestaltung, reduzieren aber die Einsatzmöglich-keiten eines Hubrettungsgerätes wegen der Abnahme der seitlichen Auslastung. Zu den Kosten von rund 700.000 Euro für ein derartigen Gerätes sei gesagt, dass es sicherlich mehr Feuerwehren gibt, die ein derartiges Gerät benötigen würden. Allerdings sind die wenigsten Gemienden in der Lage, diesen Betrag aufzubringen. Brandmeldeanlagen: führen zu einer rechtzeitigen Branderkennung, kosten aber Geld. Wird ein Brand erst gemeldet wenn das Objekt in Vollbrand steht, ist die Ausgangs-situation für die Einsatzkräfte ungleich schwieriger. Bei der Sicherheit zu sparen und dann von der Feuerwehr Unmögliches zu verlangen - das wird nicht immer klappen. Mehr oder weniger Feuerwehren: Experten, die der Ansicht sind, man braucht die Freiwilligen nicht mehr und stellt auf Berufsfeuerwehren um, mögen sich in diesen Tagen mit einer Schneeschaufel nach Kärnten begeben und ihre Ansichten laut vertreten. Die Bevölkerung wird dann schnell eine entsprechende Antwort geben. Nach Berechnungen in Deutschland werden für die Besetzung 1 Dienstpostens einer Berufsfeuerwehr zwischen 4,0 und 4,5 Beamte gerechnet. 1 Beamter ist im Dienst, der Rest hat Freizeit, Urlaub, Krankenstand, Fortbildungen, etc. Die kleinste taktische Einheit braucht 5 Ein-satzkräfte, etwa zur Besetzung eines Rüstlöschfahrzeuges. Das sind: Maschinist, Fahrzeugkommandant = Einsatzleiter und 3 Mann für den Atemschutztrupp. Bei dieser einfachen Berechnung ist aber noch keine Drehleiterbesatzung berücksichtigt. Es stehen auch keine zusätzlichen Kräfte bereit, um etwa die Löschwasserversorgung aufzubauen. 5 Hauptamtliche rund um die Uhr in einer Berufsfeuerwehr heißt rund 20 - 22 neue Dienstposten - aber welche Gemeinde kann sich das leisten ? Und wer jetzt glaubt, die Lösung wäre der Zusammenschluss mehrerer Gemeinden oder die Bildung einer Berufsfeuerwehr pro Bezirk bedenkt nicht die langen Anfahrtswege bis zur entlegensten Ortschaft - denn schließlich kann dort auch ein Brand ausbrechen. Auch kommt hier unter Umständen das Florianiprinzip zur Anwendung: Käme eine Berufsfeuerwehr, wäre jeder Bürgermeister sofort dafür, dass diese in seiner und nicht in der Nachbargemeinde stationiert wird. Bei vielen Bauverhandlungen und Besprechungen wird immer wieder versucht, die optimalen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu setzen und die Ausrüstung den sich ständig ändernden Bedürfnissen anzupassen. Vieles ist umsetzbar, manches scheitert an der Finanzierung. Wozu braucht man beispielsweise ein Kranfahrzeug ? Wenn beim nächsten Sturm ein Baum auf ein vorbeifahrendes Auto stürzt und die Insassen darunter eingeklemmt sind.. oder wenn ein Arbeiter unter Bauteilen einge-klemmt ist.. mögliche Beispiele gibt es viele und im Ernstfall wird niemand mehr die Notwendigkeit eines Kranfahrzeuges anzweifeln.
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